Schöpfungsgarten St. Maria Königin in Bleckede
Ein Segensort in einer ländlichen Pfarrgemeinde zu beiden Seiten der Elbe
Es begann mit einem Kunstprojekt zum Weltjugendtag 2005: Zwei Jugendliche aus unserer bolivianischen Partnergemeinde Titicachi bemalten mit jungen Leuten aus Bleckede drei große Eichenstämme auf der Wiese neben unserer Kirche. Sie wählten Motive aus ihren verschiedenen Lebenswelten – die Elbe, inmitten ihrer grünen Aue, den Kondor über den schneebedeckten Andengipfeln und die Gottesmutter Maria, mit einem rosenübersäten Mantel bekleidet. Spätere Besucher:innen brachten Kartoffeln aus dem Andenhochland mit. Sie stammten von einem Acker am Ufer des ca. 4000m hoch gelegenen Titicacasees. Sie wurden in einem Beet auf dem Kirchengrundstück eingepflanzt und brachten reichlich Ertrag.
Inzwischen gibt es im Garten ein „Marienbeet“ (mit Pflanzen, die einen Bezug zur Gottesmutter, der Patronin unserer Pfarrei haben), reich blühende Blumen- und Staudenbeete und artenreiche Blumenwiesen mit vielen Insekten, wie Heuschrecken, Schwebfliegen und Schmetterlingen. Zudem haben wir „Schöpfungsbäume“ in Gestalt der im ganzen Bistum gepflanzten Apfelbäume der Allianz für die Schöpfung und einen Pflaumenbaum, ein Geschenk der evangelischen Mitchrist:innen aus Bleckede.
Am Rand des Gartens leben die seltenen und streng geschützten Nashornkäfer in einem stillgelegten Komposthaufen. Ein Bienenstand mit jeweils zwei bis drei Völkern wird von zwei jungen Frauen aus der Gemeinde betreut. Wildgehölzhecken, ein Lesesteinhaufen zur Ansiedelung von kleinen Reptilien und vor allem ein großer Sandhügel, auf dem unzählige, herrlich blühende Pflanzen wachsen, und dessen Abbruchkanten von vielen Wildbienenarten besiedelt wurden, ergänzen die Vielfalt der Lebensräume im Schöpfungsgarten.
Wir nutzen ihn für Führungen zur Weitergabe unserer Erfahrungen, wir feiern in ihm Gottesdienste, so auch interreligiöse Andachten. Es gibt Kinderaktionen wie das herbstliche, gemeinsame Ausbuddeln der „Bolivien-Kartoffeln“ und das anschließende, inzwischen schon traditionelle Benefiz-Kartoffelsuppenessen zu Gunsten des Behindertenprojekts „Mosoq Punchay“ in Titicachi. Erst kürzlich organisierten wir eine „kleine Solitafel“, als wir viele geflüchtete Familien aus Syrien, Afghanistan und der Ukraine zu Gast hatten. Neben angeregten Gesprächen und fröhlichen Spielen der Kinder konnten wir nicht nur das internationale Essen vom Mitbringbuffet genießen, sondern auch die Lebensfreude und den Schmerz unserer Gäste, ausgedrückt durch die Musik, miterleben.
Ein kleiner Ort im hinteren Gartenteil neben dem Bienenstand, an dem man auf einer kleinen Bank sitzen und den Blick über den Blütenteppich bis zur Kirche schweifen lassen kann, lässt uns zur Ruhe kommen, gibt Gelegenheit zu Besinnung und Gebet. Eine bemalte Stele und Gebetsblätter zum Mitnehmen erinnern dort an das Friedensgebet des Hl. Franziskus („Herr, mach mich zum Werkzeug Deines Friedens“). Eine weitere Stele mit Texten aus der Karfreitags- und Osternachtsliturgie im Eingangsbereich des Gartens diente uns als Gebetsort in der Zeit des Lockdowns 2020, als wir das Fest der Auferstehung ohne gemeinsame Gottesdienste feiern mussten.
Roswitha Kuhl-Jockel, Franz Höchtl