Glauben. Gehen. Godehard
Wir wollen die Zukunft. Wir wollen nach vorne. Aber vorher ist da auch ein heftiger Abschied. Ein Abschied, der sich schon lange angedeutet hat. Und wie bei den Jüngern von Emmaus steckt auch Ratlosigkeit, Furcht, Zorn und Enttäuschung in unseren Gesprächen darüber, in unseren Disputen und Auseinandersetzungen. Und Vertrauen ist gefährdet.
Denn das sind Hintergrundmelodien, die unsere Kirche in diesem Jahrzehnt prägen: der abgründige Missbrauchsskandal, die vielen Abbrüche und Kirchenausstritte, das Ende eines gewohnten kirchlichen Gefüges – und auch vor Ort: die Hilflosigkeit vor dem Wandel, in dem wir zutiefst stehen, die Veränderungsprozesse, die wir nicht lieben. Wohin sind wir unterwegs? Gibt es eine Zukunft?
Bischof Heiner hat dies im Blick, wenn er zum Godehardjahr einlädt. Es geht eben nicht um zuerst um ein Jubeljahr: so gewaltige Umbrüche kann man nicht mit Heiligenjubiläen und viel Action zukleistern. Es geht um vielmehr! Es geht um einen Weg nach vorne, den wir gemeinsam entdecken und gestalten können. Unsere Zukunft ist Christus, ist das Wort, das heute Fleisch werden will – in den Menschen unserer Zeit. Dies ist der Ausgangspunkt unseres Weges: Der leidenschaftliche Wunsch des Bischofs, mit uns allen aufzubrechen und das Evangelium ohne Angst - #keinebange heißt das Stichwort – zu verkünden. Ja, das tun wir schon an vielen Orten, aber wie kann es gelingen, dass wir unseren Glauben tiefer entdecken, miteinander das Evangelium und unseren Glauben zu teilen?
Ich erinnere mich an eine Begegnung von Bischof Heiner mit Bischof Vilsom – einem Bischof aus Amazonien: der erzählte uns mit leuchtenden Augen, wie er mit seinem Bistum auf den Weg einer inneren Erneuerung kam. Dieser Abend öffnete neue Horizonte. Bischof Vilsom hatte eine klare Vision: Menschen zu stärken im Glauben – Räume zu eröffnen, wo sie dies miteinander lernen und leben können, in und zwischen den Strukturen. Das begann ganz klein – vor Ort. Und dann feierten sie alle gemeinsam, bei einem geistvollen und großartigen Event, ihren Glauben, die Hoffnung auf Zukunft, die Leidenschaft für das Morgen des Glaubens. Und mit dieser Kraft ging es dann wieder zurück an die Orte des Lebens, um dort weiter das Evangelium hinzutragen.
Das ist eine der großen Ideen im Godehardjahr, die den Bischof gepackt hat: ein großes Fest des Glaubens, wo wir einander bestärken, Neues entdecken und die Zukunft schon gegenwärtig entdecken. Am Ende des Godehardjahrs steht deswegen ein Aufbruchssignal. Im Mai 2023 werden wir uns in Hannover mit 2500 Christinnen und Christen treffen, einander erzählen, voneinander erfahren und loslegen.
Bis dahin... gehen! Losgehen! Mit leichtem Gepäck. Wie Godehard. Wir pilgern. Von Niederaltaich bis Hildesheim. Natürlich nicht in einer Woche, aber jeder und jede, wie er kann. Vom 11-18. September 2022 brechen wir auf: einige auf den Pilgerwegen, die nach Hildesheim führen, andere digital. Wir tun leibhaftig, was dran ist. Losgehen, aufbrechen, in Bewegung kommen, die Kraft des Weges entdecken. Das ist die zweite Idee, die der Bischof im Herzen hat. Von Anfang an. Sie passt in unsere Zeit, in unser Bistum: Losgehen!
Und wir werden in diesem Jahr auch Godehard neu entdecken. Seine Person, seine Energie, seine Geistkraft. Er war ein Gründer, ein Erneuerer. Ein Streiter. Auch das wird im Mittelpunkt stehen. Wie damals, so braucht es heute die trotzige Geistkraft, um neue Wege zu finden und gemeinsam neues zu wagen. Denn darum geht es: Erneuerung und Wandlung gestalten, unbekannte Wege wagen, sich neu auf die Menschen einlassen – und so das Reich Gottes entdecken. So kann Kirche heute neu geboren werden. Und das genau ist auch der Plan auf den Wegen zum Godehardjahr, die Roadmap der Transformation, die unseren Bischof bewegt. Und dies mit neuen Formaten der (digitalen) Bildung; mit Möglichkeiten, Orte der Stärkung zu finden; mit leidenschaftlicher Liebe zur Zeitgenossenschaft: so können wir die Zukunft schon heute lernen, gemeinsam mit allen, die mit uns auf dem Weg sein wollen.
Glauben. Gehen. Godehard – ich habe ganz viel Lust, diesen Weg mit unserem Bischof mitzugehen. Ich habe ganz viel Lust zum gemeinsamen Lernen. Ich habe Lust zum Aufbrechen, zum Gründen, und zum Entdecken, wie Gott uns in die Zukunft führt.
Von Christian Hennecke