Mut-Wege mit Godehard
„Die vom neuen Weg“, so beschreibt die Apostelgeschichte die ersten Christen. Schwammig? Unbestimmt? Nein, ganz exakt! Christen sind Wegmenschen.
Und das ist kein Wunder, sondern liegt in der besonderen Dynamik, liegt in der DNA: „...wir haben hier keine bleibende Stadt, wir suchen die zukünftige!“, so formuliert der Hebräerbrief. Und immer wieder fällt dabei der Blick auch auf die Ur-geschichte von Berufung und Weg – auf die Geschichte von Abram: „Geh fort aus deinem Land, verlass deine Heimat und deine Verwandtschaft und zieh in das Land, das ich dir zeigen werde...“ Genau darum geht es: losziehen, sich auf den Weg machen, mit dem Evangelium von der Gewissheit der Führung in eine noch unbekannte Zukunft. Dafür braucht es Mut, Vertrauen, Leidenschaft und die Gewissheit der Gegenwart Gottes.
Genau darum geht es, wenn wir als Bistum in die Zukunft gehen. Es ist eine Wiederentdeckung unseres Ursprungs. Nein, Stehenbleiben ist keine Option, Kämpfe um Bestandssicherung sind nicht unsere Perspektive. Wenn alles sich verändert hat, dann geht es darum, neu in Bewegung zu kommen. Darum geht es eigentlich: um unsere Identität, um unsere Berufung als Volk des neuen Weges.
Und tatsächlich sind wir schon unterwegs. Auch wenn es manchmal so scheint, als ginge es darum, kirchliche Wirklichkeiten der Vergangenheit am Leben zu halten – viele Suchende und Glaubende ziehen schon lange weiter und bezeugen die Kraft und Dynamik des Evangeliums – auf unbekannten Wegen: Spannende Aufbrüche, intensive Diskussionen, große und zunehmende unüberschaubare Vielfalt, Glaubensmut und Glaubenskraft für eigene Wege und neue Formen christlichen Miteinanders – daran mangelt es nicht. Oder doch? Natürlich rückt ins Licht, dass es starke Abbrüche gibt. Eine Zeit geht zu Ende, in der Glauben selbstverständlich schien. Kirche in einer gewohnten Gestalt ist mitten in einem Verwandlungsprozess – und das bedeutet auch Sterben, Zusammenbrüche, Geldmangel und Verlust von Liebgewonnenen. Und hinzu kommt, dass angesichts von Missbrauchsabgründen die Glaubwürdigkeit verloren gegangen ist.
Und wie in jeder Verwandlung braucht es Mut. Und Mut-Wege. Wie Godehard sie ging. Das Godehardjahr, auf das wir zugehen, orientiert sich an einem, der sich immer wieder neu auf solche Wege machte. Zuletzt, als er vor 1000 Jahren zum Bischof von Hildesheim berufen wurde. Er war ein streitbarer Geist. Ein leidenschaftlicher Reformer. Einer, dem neue Wege wichtig waren, damit Christen aus der Kraft des Evangeliums ihren Weg gehen und mit Leidenschaft Reich Gottes entdecken und entfalten können.
„Mach dein Ding!“, hätte er gesagt, „seid mutig! Traut euch! Riskiert etwas!“ Das ist der Aufruf zu Mut-Wegen. Und dazu inspiriert er uns 1000 Jahre später. Und damit könnte ein Ruck durchs Bistum gehen. Vor allem dann, wenn wir einander davon erzählen. Geschichte vom Mut, Trotzgeschichten, Lebensgeschichten von der verändernden Kraft des Evangeliums, Glaubensgeschichten, Mach-dein-Ding-Geschichten von Berufung und Scheitern.
Aus diesen Geschichten wächst das Bild einer Kirche, die schon da ist und einen Sog entfaltet. Und im Erzählen dieser Geschichten werden wir zu Weggefährten, die dieser Anziehung der Zukunft folgen. Die... vom neuen Weg.