Von Hobbits und Benediktinern lernen. Die AG (Trans)Formation
Seit ein paar Jahren pflegen ein guter Freund und ich eine Tradition „zwischen den Jahren“. An einem Tag nach Weihnachten, aber noch vor Silvester, treffen wir uns, um gemeinsam die gesamte Filmtrilogie „Herr der Ringe“ anzusehen. Einen ganzen Tag und fast eine halbe Nacht dauert das. Wir machen uns Toasts und Tee, und am späten Nachmittag bestellen wir uns so viel Pizza, dass sie für ein Hobbit-Dorf reichen würde.
Der erste Film „Die Gefährten“ (im englischen Original „The Fellowship“, also die Gemeinschaft) beginnt mit einem Monolog, der mich jedes Jahr mehr und mehr bewegt. Zu Beginn des Films hört man die Worte: „Die Welt ist im Wandel. Ich spüre es im Wasser, ich spüre es in der Erde, ich rieche es in der Luft.“
Genauso fühlt es sich auch für uns in diesen Tagen an: Die Welt ist im Wandel, und so vieles um uns herum ist in Bewegung. Wie funktioniert unsere Gesellschaft? Wie gehen wir mit unserer Umwelt um? Wie gestalten wir Verkehr und Kultur, Berufsleben und Bildung, Gleichberechtigung und Zukunft? Und was wird zusätzlich durch die Corona-Pandemie sichtbar?
Auch die Kirche ist im Wandel begriffen. Diese Veränderungen zeigen sich mit jeder neu beginnenden Erstkommunionkatechese oder Gremienwahlen. Mit jeder Neuausrichtung von Projekten und mit jedem Pfarrbrief. Sie merken vielleicht, ich formuliere es bewusst neutral, oder vielleicht besser: objektiv.
Denn all diese Veränderung, dieser Wandel geschieht in komplexen Zusammenhängen. Komplex bedeutet: Was aus der einen Perspektive stimmig oder sinnvoll erscheinen mag, kann sich in einer anderen Perspektive anders darstellen. Für Lehrerinnen und Lehrer wären in diesen Wochen der Pandemie andere Dinge wichtig als für Schülerinnen und Schüler und wieder andere für Eltern. Und wieder eine andere Perspektive ist die allgemein gesellschaftliche Verantwortung.
Was Komplexität bedeutet wird in diesen Wochen sehr deutlich: es gibt keine eine, richtige Lösung. Und so können die Veränderungen nicht nur unterschiedlich bewertet werden, sondern auch zu unterschiedlichen Schlüssen und Folgen führen. Sie können allerdings immer auch dazu führen, dass mit ihnen etwas Gutes, also dass so etwas wie Aufbruch entsteht. Innovations- und Transformationsforschung sind hier deutlich: Das Neue entsteht genau dann, wenn verschiedene Perspektiven zusammenkommen.
In der AG (Trans-)Formation geht es genau darum: eine mögliche Vielzahl an Perspektiven auf Veränderung im Bistum zusammen zu bringen, diese auch in einen gesellschaftlichen Kontext zu stellen und so einen Teil des Aufbruchs im Godehard-Jahr mit zu gestalten. Deswegen sind daran verschiedene Personen aus der Weite des Bistums beteiligt, die ihre jeweilige Perspektive auf Veränderung in Kirche und Gesellschaft mitbringen. Menschen mit unterschiedlichen Aufgaben in Schule und Caritas, in pfarrlichen Strukturen oder kirchlichen Projekten. Manche an der Aus- oder Weiterbildung beteiligt, andere in der Finanzabteilung oder in Umweltfragen unterwegs. Diese und weitere Perspektiven sind es, die damit einen Teil der Veränderung der Kirche von Hildesheim darstellen.
Helfen wird uns dabei auch eine benediktinische Sichtweise: Das Leben Godehards war geprägt von der Benediktsregel und als ich mich auf die Leitung der AG vorbereitet habe, habe ich natürlich auch diese Regel recherchiert. Sie selbst stellt so etwas wie eine Karte für das Handeln in komplexen Kontexten dar, denn: Die Regel und das Wirken Benedikts ist geprägt von Erfahrungen und Zeugnis, Handlung und Konkretion, Kommunikation und Open Source, Dezentralisierung und Kontextualisierung, Sinn und Sog. All das sind wesentliche Haltungen im Hinblick auf Veränderung.
Diese Punkte prägen die Treffen der Arbeitsgruppe und können im besten Fall so vermittelt werden, dass sie vielleicht auch Wasserzeichen der jeweiligen Initiativen werden können, die im Umfeld der AG entstehen. Und so sind es vielleicht einmal mehr die Hobbits aus dem „Herr der Ringe“, die schließlich zu so einer Aufgabe einen letzten Hinweis geben, der uns in der Nachfolge Jesu Christi nicht unbekannt sein sollte: Am besten ist es, nicht allein loszugehen. Sie sind neugierig geworden oder haben Fragen? Melden Sie sich gerne bei mir (Maria.Herrmann(ät)bistum-hildesheim.de)